Freitag, 13. September 2013

Von Keylong nach Shimla via Spitital, Erlebnis und Adrenalin pur!

Bereits um 6.30 Uhr mussten wir los, um die 188 km von Keylong nach Kaza in Angriff zu nehmen. Das sagt bereits viel über den Strassenzustand aus! Über 100 Km mussten wir auf Naturstrasse zurücklegen, wobei die Betonung hier eher auf Natur als auf Strasse zu legen ist!! Der Weg führte uns über Gröllhalden, Bäche, felsigen Untergrund. Die Angst immer im Nacken, dass das Auto mal stecken bleibt. Felsstürze, Steinschlag und Erdrutsche kommen sehr oft vor! Wir sollten davon auch nicht verschont bleiben, doch dazu später mehr.
Das Reisebuch Lonely Planet schreibt dazu folgendes: " Das Spitital ist in vielerlei Hinsicht noch rauher und abgeschiedener als Ladakh!  Der Hindustan - Tibet Highway ist theoretisch ganzjährig geöffnet. Auf einer der herausfordernsten Strassen von ganz Indien werden immer wieder ganze Strassenabschnitte von Überschwemmungen oder Erdrutschen  weggespült! "
Das Spitital gilt als recht abgelegen, dass haben wir rasch gemerkt. Ausser wunderschöner Natur und ein paar wenigen Autos, welche die unwegsame Strecke in Angriff nahmen, war da - mit Ausnahme von drei vier sehr kleinen Dörfern - bis nach Kaza nichts. Kurz vor dem Pass, welcher uns auf über 4550 Meter brachte, konnten wir uns in einem kleinen Dorf noch verpflegen. Nach neun Stunden Fahrt sind wir dann todmüde in Kaza angekommen!
Das war teilweise schon eine Zumutung an Auto, Chauffeur und Passagiere!  Das Chassis jedenfalls hat brutal gelitten und ist um ein paar Beulen reicher. Durch das starke Geholper ist plötzlich sogar der Seitenspiegel am Auto abgebrochen!!! Ja, diese Strasse hat uns alles abverlangt! Wir sind froh, haben wir das Gröbste hinter uns und keinen Pass mehr zu bewältigen!
In Kaza wurde es dann aber spannend. Wir haben ein abgelegenes Dorf, welches ganzjährig bewohnt wird und mit über 4250 Meter über Meer als eines der höchstgelegensten Dörfer gilt, besucht. Zwar interessant zu sehen, aber für uns unvorstellbar dort zu leben! Die Aussicht, die uns hier geboten wurde, war einfach phantastisch! Das Kloster Kye, etwa 5 Km weiter unten, hat es uns besonders angetan. Spannend war auch, den tibetischen Mönchen beim Gebet zuzuschauen. Die Reichtümer und Wandmalereien, welche diese Kloster alle beherbergen, sind äusserst beeindruckend.

Die restliche Zeit haben wir dann im Dorf Kaza verbracht, welches uns ein paar ganz spannende Einblicke in das Leben hier gewährt hat. Am nächsten Tag gings - gemäss Programm - dann weiter nach Tabo, nach einer Nacht dann weiter nach Saharan und schliesslich zurück in die Zivilisation nach Shimla. Als ich am Abend im Reiseführer noch nachlas, was uns die nächsten Tage so bringen, lief es mir plötzlich kalt den Rücken hinunter.  Zitat Lonely Planet:  "Der Tabo-Rekong Peo Hwy ist eine der furchteinflössensten, aber auch grossartigsten Bergstrassen in Indien und auf jeden Fall ein Abenteuer. Der Sutlej tritt aber regelmässig über die Ufer und spült ganze Teile der gefährlichen Strasse weg. Von Tabo folgt die Strasse dem schmalen Spiti Tal durch Dörfer voller Apfelplantagen, bevor sie über den Bergkamm ins Tal des Sutlej führt. Wer mit dem Bus unterwegs ist, für den könnte das die gefährlichste und zittrigste Strasse in ganz Indien sein - sogar hartgesottene Traveller müssen hier schlucken und denken über die Möglichkeit eines Lebens nach dem Tod nach, wenn der Bus um Haarnadelkurven fährt, die nur wenige Millimeter Platz zum Rand lassen. Die Ausblicke auf den Fluss Spiti, der hunderte Meter unter einem dahinprescht und auf die Strasse vor einem, die im Zickzack den Berg hinauffährt, sind atemberaubend. Von den Plätzen auf der rechten Seite bietet sich die beste  - aber auch furchteinflössenste Aussicht¨ - Und da wollen - oder müssen wir durch?!!!  Zugegeben, ich hatte nicht so eine tolle Nacht. Da ging mir doch einiges durch den Kopf. Brauche ich das wirklich?

Am morgen, die Weiterfahrt nach Tabo stand auf dem Programm, orientierte uns der Hotelmanager, dass die Weiterfahrt ab Tabo nicht möglich sei. Die Strasse sei beschädigt und könne nicht bis übermorgen repariert werden. Wir hätten nur eine Möglichkeit: alles retour und dann über den Rotang-La Pass nach Manali. Von da aus dann nach Shimla.
Nun gut, wir hatten keine Wahl. Einerseits blieb uns die gefährliche Strecke erspart, andererseits war die Rückfahrt auf oben beschriebener Strecke auch nicht gerade ein Honiglecken. Von blinden Haarnadelkurven können wir auch ein Lied singen. (Es ist wohl fast überflüssig zu erwähnen, dass auch die gefährlichsten Stellen kaum mit Leitplanken geschützt sind.) Umgefallene und abgestürzte Busse bzw. Autos bekamen wir auch zu Gesicht. Kommt einer oder kommt keiner? Zum Kreuzen ist garantiert zu wenig Platz und ob zum Bremsen genügend Zeit bleibt??? Einfach wegsehen und hoffen, dass da keiner kommen möge.

Nun gut, bevor wir die Rückreise antraten, haben wir noch das Kloster in Tabo besichtigt. Über 1000 Jahre alt - wir waren schlicht begeistert!

Wie ihr hier alle lesen könnt, haben wir die Strapazen der Rückfahrt durch das Spitital gut überstanden. Wir kamen also nochmals in den Genuss von zwei Passstrassen. Vor allem der Rotang-La hat das eine oder andere Mal noch etwas Nervenkitzel hervorgerufen. Wir sind aber froh, kamen wir überhaupt aus dem Tal raus. Es war der einzig mögliche Weg. Nicht auszumalen, wenn uns hier das Wetter oder aber das Auto einen Streich gespielt hätte. Die Reise war übrigens nicht in einem Tag machbar. So durften wir nochmals in einem kleinen Bergdorf auf 4050 Meter übernachten. Ja, es war kalt! Heizung kennen die hier nicht. Das ¨Cottage¨ war sehr ansprechend und robust gebaut. Aber diese Fenster! Einfachverglasung und wie die montiert sind. - Da pfeift der Wind förmlich durch jede Ritze. Einfach kaum zu glauben. Da haben wir einmal mehr erlebt, wie gut wir es in der Schweiz haben!!

Nun sind wir also in Manali gelandet. Eine kleinere Stadt - bekannt für viele Outdoor Aktivitäten. Sie liegt nur noch 2050 Meter über Meer. Wir sind froh, wieder etwas tiefer zu sein. Die letzten Tage verbrachten wir immer über 3600 Meter - entsprechend dünn war die Luft und gegen Abend wurde es meist recht kalt.
Hier in Manali ist recht viel Betrieb. Mit seiner stark bewaldeten Umgebung (Laub und Nadelbäume) und der bergigen Landschaft hat sie uns stark an die Schweiz erinnert. Auch der Regen - nach tagelangem Sonnenschein - passt doch ausgezeichnet zur Schweiz! Die Aenderung der Reiseroute - ein Umweg von ca. 200 km hat übrigens bestens geklappt. Die haben alles sehr gut organisiert und unsere Vouchers hatten auch in den neuen Hotels ihre Gültigkeit. Chapeau, das hätten wir nicht erwartet.
Die Weiterfahrt nach Shimla war übrigens auch nicht ganz ohne. Die 275 km haben wir in rund 8 Stunden gemeistert. Ich glaube, soviele Kurven wie auf dieser Strecke bin ich in meinem ganzen Leben noch nie gefahren. Kaum eine Strecke von 100 Metern ohne Kurve! Hügel hoch, Hügel runter, Ueberholmanöver hier, dann wieder Vollbremsung. - Ja, so läuft das hier in Indien. Die Strasse war zwar wesentlich besser da asphaltiert, aber die Gefahren lauern hier überall. Zuerst ein Lastwagen, der mit max. 15 km den Berg hochkraxelt und einem zu einem gefährlichen Ueberholmanöver zwingt, dann ein Loch, dann eine Kuh, dann eine Schafherde, die den Verkehr blockiert. Dann hält mal einer mitten auf der Strasse, um Leute auszuladen, oder einer biegt links ab, natürlich ohne Blinker.  - Den mit den blinden Haarnadelkurven hatten wir ja schon. Ich bin überzeugt, dass es auf dieser Strecke täglich mehrere Unfälle gibt. Wir wurden Zeugen von zwei. -

Ganz spannend auch die Fahrt durch einen ca. 4 km langen Tunnel - übrigens für uns der Erste hier in Indien. Da kam einfach plötzlich ein schwarzes Loch, in das man hineinfuhr. Kein Licht, keine Strassenmarkierung und natürlich keine Lüftung. Unglaublich dieser Dunst von den Abgasen in diesem Tunnel. - Schweizer Sicherheit lässt grüssen!!
Die Landschaft hier gefiel uns sehr, einfach sehr grün und  - wie erwähnt - extrem hügelig. Shimla ist übrigens eine grössere Stadt mit rund 150´000 Einwohner. Sie war früher die Sommerhauptstadt der britischen Gesellschaft Indiens. Diesen Einfluss spürt man noch deutlich. Morgen werden wir die Stadt noch etwas auskundschaften - und dann am nächsten Tag mit dem Auto / Zug nach Amritsar weiterreisen. Wir freuen uns, dass es dort wieder etwas wärmer wird.

Uebrigens, meine vier Blüten bin ich in der Zwischenzeit los geworden!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen