Mittwoch, 4. September 2013

Über mörderische Passstrassen nach Kargil wo Tante Emma's Läden noch Trumpf sind und weiter nach Lamayuru

Noch in Srinagar, war ein Ausflug ins rund 90 km entlegene Pahalgam vorgesehen. Abgesehen davon, dass sich viele Kinder für uns interessierten - oder war es wohl eher der blonden Haare von Karin wegen, hatte dieser Ort nicht sehr viel zu bieten. - Zumindest nicht für uns Schweizer. Man soll unbedingt ein Pferd mieten und einen Ausritt machen, nur so sähen wir die Schönheiten dieses Ortes. Unsere Meinung war, dass wir auch ohne Pferde genug gesehen hatten.

Spannend hingegen war die Fahrt dorthin. Unter drei Stunden kam man nicht weg. Unglaublich das Verkehrschaos in jedem Dorf. Da wird um jeden Millimeter gekämpft. Nebst den Verkehrsteilnehmern ist noch auf Hunde, Kühe, Fussgänger und Löcher etc. Rücksicht zu nehmen. Gut vorstellbar, dass das Ganze rasch in ein Chaos ausartet. Bis dieser ¨Chlüngel¨ wieder entwirrt ist, dauert es halt ein bisschen. Spannend für uns war auch die Lebensweise in den vielen kleinen Dörfern auf dem Weg zu unserem Ausflugsziel.

Am nächsten Tag gings dann ins rund 240 km entfernte Kargil. Rund 7 Stunden sollte die Fahrt hier dauern. Nun, es hatte deutlich weniger Verkehr als am Vortag. Auch das Gestürm in den kleineren Dörfern war weniger schlimm; es lag an den teils katastrophalen Strassenverhältnissen. Nun von Strasse konnte man teils nicht mehr sprechen - viel eher von Feldwegen mit grossen Löchern und kleinen Bächen.  Der Wagen schlug einige Male auf. Es war zum Glück nicht mein BMW, der hätte es wohl nicht geschafft. Besonders hatte es uns der Zoji-la Pass angetan, welcher nur ca. 4 Monate im Jahr befahrbar ist. Wer nun an Susten oder Grimsel denkt, liegt ziemlich falsch. Erstens ist der Pass 3,529 Meter hoch, und zweitens, ja, richtig, die Strassenverhältnisse!!! Bei gewissen Passagen war uns -zugegeben - schon ein bisschen mulmig zumute. Kreuzen grösstenteils unmöglich und je nach Seite hatten Karin oder ich das Vergnügen, rund 30-40 cm neben dem Wagen in die Tiefe zu blicken. Felswände steilhinab. Als es noch leicht zu regnen begann, wurde es natürlich noch etwas spannender. Unser Führer meinte nur ¨very bad road and very dangerous. If a stone brakes the tank it can give an explosion.¨ (sehr schlechte Strasse und sehr gefährlich, wenn ein Stein den Tank unter dem Wagen beschädigt, kann es eine Explosion geben). Tönt auch nicht gerade beruhigend. Viele Schilder mahnten zu einer vorsichtigen Fahrweise. Ob es etwas nützt - wir hoffen es. Unser Fahrer hat diesen Pass aber sehr gut gemeistert.
Aufgefallen war uns auf dem ganzen Weg die enorme Militärpräsenz. Auf der Passhöhe war ein grosses Camp eingerichtet, welches das ganze Jahr besetzt ist. Rund acht Monate sind die Soldaten von der Umwelt abgeschnitten und können nur noch via Helikopter versorgt werden. Ein spannendes Leben  vor allem im Winter mit meterhohem Schnee - aber wohl eher nicht für uns!! Das dort soviel Militär stationiert ist, zeigt, dass der Konflikt mit Pakistan noch nicht ausgetragen ist. Die Grenze war nicht sehr weit weg. Mehrere Male gabs auch Polizeikontrollen und wir mussten unseren Pass zücken. Sämtliche Daten wurden feinsäuberlich notiert. Das wir kein Satellitentelefon mitführen, mussten wir jedesmal schriftlich bestätigen. Die Kontrolle verlief meist recht zackig. Einer war sogar froh, dass wir unser eigenes Schreibzeug dabei hatten - er danke uns, dass wir seiner Bitte, den Kugelschreiber doch behalten zu dürfen, entsprachen.
Entschädigt wurden wir auf der kurvenreichen Strasse mit wundervoller Berglandschaft. Auch wenn wir nicht selbst gefahren sind, war die lange Reise recht ermüdend. Wir waren zumindest gut durchgeschüttelt.

In Kargil, einer grösseren Stadt mit rund 10´000 Einwohner war dann einiges los. Die vielen kleinen ¨Lädeli¨ - so richtige Tante Emma Läden haben es uns sehr angetan. Einen Globus, Migros oder Loeb sucht man hier vergebens. Unzählige Handwerker waren natürlich auch vertreten. Eine Herausforderung war für uns, eine Rolle Toilettenpapier zu finden und zu kaufen. Praktisch ein Ding der Unmöglichkeit!!!
Toilettenpapier findet man übrigens auf keiner (öffentlichen) Toilette; in den Hotels muss man des öftern dafür nachfragen. Nach langem Suchen wurden wir aber fündig. Ein kleines Vermögen hat uns diese Rolle aber gekostet. Haben wir am Mittag für ein feines Zmittag mit Reis, zwei Gerichten und Brot nur 100 Rupien bezahlt, so war doch die eine Rolle mit 70 Rupien recht teuer. 70 Rupien entsprechen rund CHF1.05. Wenn der Preis nicht fest aufgedruckt gewesen wäre, (sogar inkl. allen Steuern und Taxen) hätten wir glatt angenommen, dass wir hier wohl über den Tisch gezogen worden sind. Nun, Toilettenpapier ist halt für Inder ein Luxusprodukt, wozu Papier nehmen, wenn es auch mit den Händen geht? Gegessen wird übrigens auch mit der rechten Hand (die Linke gilt als unrein). Sieht für uns schon sehr speziell aus - aber eben - andere Länder, andere Sitten.

Internet oder Mobilempfang haben wir hier übrigens vergebens gesucht. - Wir hoffen nun auf Leh.

Am nächsten Tag fuhren wir dann entlang einer fantastischen Landschaft, über drei (humane) Pässe teils über 4000 Meter nach Lamayuru. Die Farbenpracht der  steinigen und zerklüfteten Landschaft hat uns selbst als Schweizer begeistert. Vom muslimisch geprägten Srinagar  (der Muezin mit dem obligaten Gebet werden wir nicht vermissen, v.a. nicht am morgen früh)  sind wir nun bei den Buddhisten angekommen. Die Leute hier sind klar tibetischer Abstammung. Das Dorf hier auf über 3,500 Meter ist geprägt von traumhafter Landschaft und einer wunderschönen Klosteranlage. Einfach faszinierend.
Die Höhe macht uns zwar etwas zu schaffen, (leichtes Kopfweh), dafür werden wir mit vielen positiven Eindrücken entschädigt. Einfach unglaublich, wie die Menschen hier leben. Da ist wirklich fast nichts vorhanden. - Alles Selbstversorger. Strom hat man rund 3 Stunden, dann ist automatisch Lichterlöschen. Kaum vorstellbar, wie es hier im Winter sein muss, wenn die Strassen geschlossen sind. Behüte den, der ernsthaft krank wird.
Der freie Nachmittag hier war erholsam. Wir wurden geradezu dazu gezwungen. Jede kleine Anstrengung machte sich sofort bemerkbar. Morgen fahren wir nach Leh (ca. 120 km, ca 3-4 Stunden). Hoffen wir, dass wir dort dann Internet haben, unseren Blog veröffentlichen  und einmal wieder unsere Mails checken können. Zwar tut es gut, manchmal auf die vielen Infos verzichten zu müssen, wer aber Schwingerkönig wurde und ob der FC Thun die nächste Runde geschafft hat, würde uns schon interessieren. Wir sind zum Warten verknurrt. Natel, zumindest die Ausländischen, gehen immer noch nicht.

Lamayuru, 2. September 2013

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